Lohnkürzung 1% Gemeindeangestellte und Lehrer – Ja oder Nein?

In der Basellandschaftlichen Zeitung war kürzlich zu lesen:

„Der Sparentscheid des Landrats von Ende Oktober, den Lohn des Baselbieter Staatspersonals per 1. Januar 2016 um ein Prozent zu kürzen, trifft auch viele Gemeindeangestellte. Dies, weil ein Grossteil der 86 Gemeinden für ihr Personalreglement das kantonale Personaldekret verwenden beziehungsweise festgeschrieben haben, dass sie sich an der kantonalen Lohntabelle orientieren.“

Dies ist auch bei uns der Fall: Vor allem in kleineren Gemeinden, wo jeder jeden kennt und die Gemeindeangestellten oft auch Einwohner, Nachbarn, Freunde sind, ist es oft auf Grund dieser Nähe schwierig, „gerechte“ Löhne festzulegen und vor allem die Differenzen zwischen den einzelnen Stellen zu vertreten.

Insofern ist die freiwillige Bindung an die kantonale Lohntabelle schon für die Festlegung der Löhne und die der jährlichen Anpassungen für den Frieden in der Gemeinde und eine neutrale Basis der Berechnung eine grosse Erleichterung.

Dazu kommt, dass die kantonalen Vereinbarungen bis einschliesslich 2009 (mit Ausnahmen nur in den Jahren 1997, 1999 und 2004) einen jährlichen Teuerungsausgleich gewährt hat. Ab 2010 war dies nicht mehr der Fall, gleichzeitig hat es aber auch faktisch keine Teuerung mehr gegeben.

Eine weitere Besonderheit ist die Erhöhung des Lohnes mit steigendem Alter: innerhalb jeder Lohnklasse, die von der spezifischen Arbeit und Verantwortung abhängt, entscheidet die Stufe über den tatsächlichen Lohn. Die Stufe widerum wird gemäss Personaldektret auf Basis der Qualifikation und Erfahrung zu Beginn des Anstellungsverhältnisses festgelegt. Mit dem Fortbestehen des Arbeitsvertrages steigt die Stufe dann jährlich, wenn die geforderten Leistungen erbracht werden, und können sogar überproportional steigen, wenn die Leistungen entsprechend besser als erwartet ausfallen.

Im Verhältnis zu privaten mittleren Unternehmenn sind die Löhne der Lehrer und Gemeindeangestellten sehr ordentlich. Zudem sind sie mit einer hohen Arbeitsplatzsicherheit verbunden (wovon privatwirtschaftlich angestellte Beschäftigte zunehmend nur träumen können, von automatischer Erhöhung auf Grund von Erfahrung und Alter ganz zu schweigen). Details zur kantonalen Lohntabelle findet der interessierte Leser übrigens hier: https://www.baselland.ch/Personalamt.273681.0.html

So hat die Bindung an die kantonale Lohntabelle das Thema Lohn in der Gemeinde für beide Seiten Vorteile gebracht: für den Gemeinderat eine neutrale Grundlage, für die Angestellten eine plan- und vorhersehbare Basis, inklusive der Vorteile regelmässiger Lohnsteigerungen und, sofern notwendig, Teuerungszuschläge.

Wie in Ehe und Freundschaft zeigt sich die wahre Qualität des Bundes jedoch nicht in den glücklichen Zeiten, sondern dann, wenn es anders kommt, als man sich das wünscht.

Für dieses Anders sorgt nun der Kanton: auf Grund der Notwendigkeit zu sparen hat der Landrat auf Kantonsebene erstmals eine Lohnsenkung um 1% verfügt.

Wenn man sich konsequent an die Anwendung der kantonalen Lohntabelle für unsere Angestellten hält (die in guten Zeiten ja davon profitiert haben), dann gäbe es eigentlich nicht das Geringste zu diskutieren: 1% weniger Lohn. Fertig. Zumal die Stufenanstiege und damit alters- bzw. erfahrungsbedingte Lohnanstiege unabhängig davon ja weiter stattfinden.

Gemäss dem Artikel in der Basellandschaftlichen Zeitung wehrt sich nun aber eine Mehrheit der Gemeinden gegen diese Kürzung. Das mag nachvollziehbar sein, wenn eine Gemeinde Überschüsse erwirtschaftet. Das ist jedoch spätestens dann fraglich, wenn eine Gemeinde einen Finanzausgleich bezieht und damit die Gelder, die sie ausgibt, nicht einmal selber erwirtschaftet.

Was bedeutet eine Lohnsenkung von 1% für einen Angestellten, was bedeutet sie für die Gemeinde?

Gemäss Budget 2016 betragen die Lohnkosten ohne Pensionskassenbeiträge für das gesamte Personal der Gemeinde (Verwaltung, Lehrkräfte Kindergarten und Primarschule, Schulsekretariat und Aussendienst) rund CHF 1’700’800.00.

1% davon, ohne Berücksichtigung der vom Lohn abhängigen Nebenkosten, entsprechen CHF 17’000.00 plus Kosten aus AHV und Pensionskasse, die jährlich in unserer Gemeinde eingespart würden.

Auf den einzelnen Mitarbeiter bezogen sind das, wenn man als Beispiel Jahreslöhne von CHF 60’000, 80’000 und 100’000 annimmt, entsprechend Einbussen von brutto CHF 600.00, 800.00 oder 1’000.00, also zwischen CHF 50.00 und 80.00 im Monat.

Nun könnte man natürlich argumentieren, dass gerade die Tatsache, dass diese Lohneinbussen nicht einschneidend sind und die Einsparung für die Gemeinde ebenfalls nicht wirklich gravierend ausfällt, das Ignorieren des kantonalen Sparvorschlags zum Wohle der Gemeindeangestellten die sinnvollere Lösung darstellt.

Das mag aus Verwaltungssicht sinnvoll klingen, dabei darf man jedoch nicht diejenigen aus den Augen verlieren, die für diese Kosten aufkommen: die Steuerzahler in unserer Gemeinde. Und ein grosser Teil dieser Steuerzahler schlägt sich und seine Familien heute in einem Umfeld durch, das geprägt ist von enormem Belastungen für jeden Einzelnen: Lohnkürzungen sind dabei noch das kleinste Problem, vor allem Verlagerungen ganzer Unternehmen oder Abteilungen ins Ausland, fallende Preise bei gleichzeitig steigenden Kosten (vor allem im internationalen Vergleich), in vielen Branchen auch eine allgemeine wirtschaftliche Abkühlung: das ist die Realität für viele Arbeitnehmenden in der freien Wirtschaft.

Und nicht nur diese: auch Selbstständige und Unternehmer spüren das schwierigere Umfeld sehr direkt. Die Lohneinbussen im mir bekannten Umfeld, meine Einzelfirma eingeschlossen, bewegen sich alleine 2015 gegenüber 2014 im Bereich von 10-15%. Dabei ist nicht einmal das Volumen ein Problem (Arbeit gibt es in vielen Bereichen genug), sondern das Preisniveau. Und im technischen Bereich ist das kein Jammern auf hohem Niveau: Selbstständige und KMU’s in diesem Bereich hatten bisher schon Löhne, die mit denen öffentlicher Angestellter durchaus vergleichbar sind, oft auch darunter liegen. Allerdings ohne deren Sicherheit und festgelegter Steigerungen.

Man darf sich also durchaus fragen, ob es (auch ethisch gesehen) richtig ist, mit dem Geld derer, die in einem zunehmend schwierigen Umfeld mit hohen persönlichen Risiken ihre Familien durchbringen müssen, eine minimale Einbusse beim Lehr- und Verwaltungspersonal zu kompensieren.

Zumal dieses schwierige Umfeld mittelfristig auch auf die Finanzen unserer Gemeinde durchschlagen dürfte: einerseits durch sinkende Steuereinnahmen, andererseits aber auch durch steigende Kosten: das Flüchtlingsproblem wird langfristig genauso seinen Niederschlag in den Gemeindefinanzen finden wie steigende Arbeitslosenzahlen (und damit in beiden Bereichen langfristig Kosten durch Sozial- und Ergänzungleistungen).

Gerade weil die Lohnsenkung nur einen relativ kleinen Betrag ausmacht und derzeit auch keine weiteren Härten wie Stellenabbau oder Budgetkürzungen erforderlich sind, wäre die Übernahme der Kantonsvorgabe ein Gebot der Stunde. Zumal man damit ein wertvolles Modell stützt, das langfristig den Frieden in der Gemeinde, die Arbeit des Gemeinderates und das Verhältnis der Bevölkerung zu seinen Lehr- und Verwaltungsangestellten erleichtert: die nicht verhandelbare Übernahme der kantonalen Lohnvorgaben auf die Gemeindeangestellten.

Gemäss bz-Artikel gehört Röschenz zu den Gemeinden, die sich noch nicht öffentlich zu diesem Thema geäussert haben. Ich würde mir wünschen, dass unser Gemeinderat mit Vernunft und Weitsicht für eine Lösung eintritt, die nicht die kurzfristige Beliebtheit beim Gemeindepersonal im Visier hat, sondern die langfristige Basis für gesunde Finanzen und ein Modell, dass auch bei zukünftigen, vielleicht schwierigen Entscheiden die persönlichen Abhängigkeiten in einer kleinen Gemeinde wie der unseren aus der Schusslinie nimmt, indem man sich an einem übergeordneten Modell orientiert, wie es schon viele Jahre bestens funktioniert hat.