Übernimmt Laufen Grossteil der Fahrtkosten der Röschenzer Schüler?

Zur Gemeindeversammlung am 30. November 2017

An der Gemeindeversammlung sollen die rechtlichen Grundlagen für die Integration der Roggenburger Primarschule und Kindergarten in die Röschenzer Primarschule gelegt werden. Der Schritt selber ist aus Roggenburger Sicht sicherlich zu bedauern, keine Gemeinde gibt freiwillig ihren Schulbetrieb auf: die Standortattraktivität leidet darunter genauso wie der direkte Kontakt zwischen Eltern, Kinder und Lehrpersonen in der Gemeinde. Andererseits ist klar, dass eine gewisse Anzahl Schüler notwendig ist, um eine Schule überhaupt sinnvoll und bezahlbar betreiben zu können. Da dies wohl nicht mehr gegeben ist, ist die Integration der Roggenburger Schüler in unseren Schulbetrieb eine gute und absolut sinnvolle Lösung.

Beim genauen Lesen der Traktanden, die sich mit diesem Thema befassen, fallen jedoch zwei Punkte ins Auge, die für den Röschenzer Steuerzahler nicht unbedingt nachvollziehbar sein dürften, und die so auch nicht das Geringste mit dem eigentlichen Thema zu tun haben:

Traktandum 3: Beratung und Beschlussfassung über den Kreisschulvertrag betreffend der gemeinsamen Primarstufe Röschenz-Roggenburg

Im erklärenden Text ist folgendes festgehalten (Zitat Mattegumper vom 17.11.2017):

„Gemäss dieser Übereinkunft werden die Roggenburger Kinder künftig in Röschenz den Kindergarten bzw. die Primarschule besuchen. Die entstehenden Schultransportkosten werden gemeinsam getragen.

Die Idee ist natürlich interessant: das bedeutet wohl, dass demnächst auch die Röschenzer Schüler, die in Laufen aufs Gymnasium gehen, von Laufen anteilmässig ihr Umweltabo bezahlt kriegen! Oder doch nicht? Denn eines ist wohl klar: würde Röschenz seine Schule schliessen und die Kinder nach Laufen schicken, wären die Transportkosten natürlich ausschliesslich unsere Angelegenheit. Sie sind einfach ein Posten, der den eingesparten Kosten des eigenen Schulbetriebes gegenübergestellt werden muss und entsprechend in die Kalkulation einfliessen sollte. Kein Laufener, aber auch kein Röschenzer käme auf den Gedanken, dass Laufen in diesem Fall (oder heute schon im Fall der Gymi-Schüler) irgendwelche Kosten für den Transport der Kinder übernehmen sollte.

Aber warum sollen Röschenzer Familien mit ihren Steuergeldern denn nun für die Transportkosten der Roggenburger Kinder aufkommen? Roggenburg spart den Betrieb einer kompletten Schule ein, von den Sachkosten über die Lohnkosten des Lehrpersonals bis hin zu den Betriebskosten, also Strom, Wärme, Wasser und sämtliche Nebenkosten.

Natürlich beteiligen sie sich auch anteilmässig an den Kosten, die der Röschenzer Schulbetrieb verursacht. Eine faire und korrekte Kalkulation erfordert es jedoch in jedem Fall, dass die Transportkosten der Kinder von der Gemeinde getragen wird, die ihre Kinder in eine andere Gemeinde schickt. Jede andere Lösung ist unter keinem rationalen Argument nachvollziehbar.

Nicht nur wenig nachvollziehbar, sondern tatsächlich stossend ist dieser Punkt vor allem aber aus folgenden Gründen:

Die Röschenzer Familien, deren Kinder in weiterführende Schulen nach Laufen oder andere Gemeinden gehen müssen, erhalten, sofern sie die obligatorische Schulzeit beendet haben, KEINE Unterstützung der Gemeinde (und übrigens auch nicht von Seiten der Laufener Gemeinde). Jede Familie, die Kinder im Gymnasium in Laufen hat, zahlt also pro Kind und Jahr jährlich rund CHF 500.00 für das Umwelt-Abo, obwohl sie für diese Ausbildung keine Alternative innerhalb der Gemeinde haben. Und gleichzeitig sollen wir nun für die Fahrtkosten der Kinder einer anderen Gemeinde aufkommen?

Weiter möchte ich an den Spruch erinnern, mit dem sowohl die Budget- als auch die Rechnungsversammlung jedes Jahr beglückt werden: die Gemeinde sei angesichts eines Kostenanteils der Schule von über 50% am gesamten Gemeinde-Budget eigentlich keine Gemeinde mit Schule, sondern ein Schulbetrieb mit angehängter Gemeinde. Es wird auch regelmässig betont (und das ist tatsächlich so), dass wir auf diese Kosten praktisch keinen Einfluss haben, da weder die Löhne des Lehrpersonals noch der Inhalt der Tätigkeiten von der Gemeinde beeinflusst werden können.

Angesichts der Tatsache, dass unsere angeblich gute finanzielle Lage praktisch ausschliesslich am Tropf des Finanzausgleiches hängt, dass der Anteil der nicht beeinflussbaren (Fix-) Kosten schon heute den grössten Teils unseres gesamten Finanzhaushaltes ausmacht, wie kann man unter diesen Bedingungen auf den Gedanken kommen, die Transportkosten der Kinder einer anderen Gemeinde in unsere Schule ohne Not zum grössten Teil übernehmen zu wollen? Wenn man gleichzeitig bedenkt, dass alle aus dieser Integration gegebenenfalls resultierenden Mehrkosten wie geteilte Klassen, zusätzliches Lehrpersonal, zusätzliches Unterrichtsmaterial naturgemäss auch zum grössten Teil zu unseren Lasten geht, und dass auch alle damit verbundenen Investitionen erst einmal ausschliesslich in Röschenz anfallen!

Es kann nicht sein, dass Einsparungen in Roggenburg zu Mehraufwand für den Röschenzer Steuerzahler führt. Und genau das wäre hier der Fall.

Aus dem Text zum Traktandum geht jedenfalls mit keiner Zeile hervor, aus welchem Grund unser Gemeinderat der Gemeinde Roggenburg ein so schönes Geschenk machen will.

Das Traktandum 5, dass sich mit der notwendigen Anpassung der Gemeindeverordnung im Zusammenhang mit diesem Thema befasst, hält eine weitere Überraschung bereit (Zitat aus dem Mattegumper):

Weiter wird die Finanzkompetenz des Gemeinderates geändert. Neu soll der Gemeinderat die Kompetenz erhalten ungebundene, jährlich wiederkehrende Einzelausgaben von CHF 6‘000.00 als gesamter jährlicher Höchstbetrag beschliessen zu können.

Abgesehen davon, dass dies nicht das Geringste mit dem Roggenburger Schulvertrag zu tun hat, hinterlässt das Vorgehen, diesen Punkt zusammen mit dem Schulvertrags-Thema in das selbe Traktandum zu schieben, einen äusserst schalen Beigeschmack: offenbar hofft der Gemeinderat, mit der wohl unstrittigen Anpassung der Gemeindeverordnung an die Bedürfnisse der Schul-Integration ohne grosse Diskussion auch gleich seine Ausgabenkompetenzen erhöhen zu können.

Korrekt wäre es gewesen, ein separates Traktandum zu erstellen, dass dem Einwohner eine separate Entscheidung zu diesen beiden Anträgen ermöglicht.

Denn aus meiner persönlichen Erfahrung ist der Gemeinderat schon heute äusserst entspannt im Umgang mit dem Geld der Steuerzahler. Eine Erweiterung der Ausgabenkompetenz, das heisst ohne dass wir zum Sinn oder Unsinn der Verwendung unseres Geldes unsere Meinung äussern dürfen, kann nicht im Sinne unserer Gemeinde sein, schon gar nicht für sich kumulierende wiederkehrende Kosten. Zumal die frei verfügbaren Finanzen immer mehr schwinden, die durch kantonale und Bundesgesetze fest vorgegebenen Kosten dagegen immer mehr steigen. Warum also sollten wir unter diesen Umständen auch noch auf die Kontrolle der Ausgaben verzichten und dem Gemeinderat noch mehr Geld zur eigenen freien Verfügung sprechen, dazu noch jährlich wiederkehrende Ausgaben, die sich über die Jahre summieren?

Beide Punkte, die Übernahme des grössten Teil der Transportkosten der Roggenburger Kinder wie auch die in der notwendigen Anpassung der Gemeindeverordnung versteckte Selbstbedienungs-Klausel sind aus meiner Sicht vor allem deswegen stossend, weil sie in einem Gesamtwerk verbaut sind, das absolut notwendig und zu befürworten ist.

Da die Integration der Schulen sicherlich notwendig und unbestritten ist, gibt es für den Versammlungsentscheid eigentlich nur eine sinnvolle Lösung: die beiden Traktanden müssen zurück an den Gemeinderat, der sie nach einer entsprechenden Bereinigung zur nächsten Versammlung noch einmal präsentieren darf.

Holger Wahl

One Comment

  1. Mamie Christian

    Die Kosten einer Schule bestehen eigentlich aus dreierlei Arten. Einerseits haben wir diejenigen, welche fix sind und auf jeden Fall anfallen, unabhängig der Zahl der Klassen und Schüler, es sind dies Aufwendungen für Schulleitung, Sekretariat und zu einem grossen Teil für das Schulhaus. Die zweiten Kosten sind diejenigen, welche pro Schüler anfallen, wie beispielsweise Schulmaterial oder für Reisen. Die dritten sind abhängig von den Klassen und machen den grössten Teil aus, weil sie die Gehälter für die Lehrpersonen beinhalten. Ein Schüler kostet pro Jahr rund CHF 10’000.-, also machen die Transportkosten pro Schüler von rund CHF 500.-, nur etwa 5% aus. Setzen wir diese Kosten in Relation zu den Gesamtkosten der Schule sprechen wir von unter 1%, also von Peanuts! Da in der geplanten Kreisschule Röschenz-Roggenburg keine zusätzlichen Klassen notwendig sind, sondern nur die zweitgenannten Kosten, welche pro Schüler anfallen, steigen werden und nur einen kleinen Teil ausmachen, ist nicht Roggenburg der grosse Profiteur dieses Vertrags, sondern Röschenz!
    By the way: Laufen hat sich jahrelang an den Transportkosten für die Kreisschule Laufental beteiligt!

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